Visi-Bi-Lity beim CSD in Nürnberg

Am 2. August 2014 fand in Nürnberg der 17. CSD statt und zum ersten Mal gab es einen Beitrag zum Thema Bisexualität: Immerhin zwei Aktivisten nahmen mit einer Bi-Vespa an der Demo teil.

Herbert und ich haben uns über die Bamberger Bi-Gruppe kennengelernt, die es seit einem Jahr gibt (wer mehr über unsere Gruppe erfahren will, kann hier weiterlesen – BiJou, 29. Ausgabe, Seite 26, http://bine.net/sites/default/files/bijou29.pdf ). Herbert versucht in Nürnberg einen Bi-Stammtisch zu gründen. Wir haben uns deshalb nicht nur beim CSD gezeigt, sondern auch Werbung für Bi-Gruppe und -Stammtisch gemacht.

Für mich war es das erste Mal, dass ich mich bei einer Demo als Bi-Mensch zu erkennen gegeben habe. Auf der Fahrt nach Nürnberg hatte ich kurz noch einmal Zweifel, ob ich das wirklich tun sollte: Was will ich eigentlich damit zum Ausdruck bringen? Und warum muss ausgerechnet ich mich öffentlich als Bi-Mensch zeigen, während sich die meisten anderen im Verborgenen wohl fühlen. Als ich dann bei Herbert ankam und sein liebevoll mit den Bi-Farben geschmücktes Moped sah, war das alles weg. Und so reihten wir uns zwischen lesbischen Lehrerinnen und einer schwulen Theatergruppe, die sich lautstark und ohrenbetäubend mit Trillerpfeifen bemerkbar machte, im CSD-Zug ein.

Die Stimmung war gut und ausgelassen und wirkte auf mich wie eine entspannte Mischung aus Familienfest und Karneval. Die Schwulen und Lesben haben uns sehr freundlich und respektvoll aufgenommen und als Bereicherung begrüßt.

Natürlich gab es die eine oder andere Bemerkung, die nachdenklich stimmen könnte: „Ach, ihr seid also die Doppelstecker!“ „Was sind das denn für Farben, euch fehlt ja ein Teil des Regenbogens!“ Aber das war nicht ernsthaft oder provozierend gemeint und ich habe es mit Humor genommen. Für Schwule und Lesben sind wir oft genauso exotisch und befremdlich wie für Heteros. Das habe ich schon öfters erfahren und ich kann das ertragen, ohne mich ausgrenzt zu fühlen. Denn für mich ist immer klar: Wir Bi-Menschen lassen uns nicht auf mechanische Körperfunktionen reduzieren und uns fehlt auch nichts – im Gegenteil. Falls es überhaupt Menschen mit Defiziten geben sollte, dann sind das wohl eher diejenigen, die sich in ihrer Monosexualität eingerichtet haben, weil sie Angst vor neuen Erfahrungen haben oder weil sie sich nicht vorstellen können, wie aufregend und prickelnd das Leben ist, wenn man Frauen und Männer gleichermaßen lieben kann.

Insgesamt war der CSD für mich eine sehr positive Erfahrung. Es war ein geiles Gefühl, mich als Bi-Mensch aufrecht und erhobenen Hauptes in der Öffentlichkeit zu bewegen. Das macht stark und Lust auf mehr.

Diesmal waren wir nur zu zweit, aber das ist auf jeden Fall besser als gar nichts. Und vielleicht gibt es ja nächstes Jahr noch mehr Mutige und Entschlossene.

Wer bei der Bamberger Gruppe oder dem Nürnberger Stammtisch mitmachen will, ist ganz herzlich eingeladen. Das gilt insbesondere auch für diejenigen, die ungeoutet sind und es auch bleiben wollen. Wir respektieren das und unsere Treffen laufen dementsprechend diskret ab, weil jeder Bi-Mensch selbst entscheiden sollte, wie er damit umgehen möchte. Man muss sich auch nicht politisch betätigen oder in der Öffentlichkeit agitieren, um bei uns dabei zu sein. Wenn wir uns treffen, geht es eher um Erfahrungsaustausch, Selbstfindung oder einfach darum, einen netten Abend mit lieben Freunden zu verbringen.

Möchtest du mit uns in Kontakt treten? Dann schreib einfach eine E-Mail an:

Herbert (Nürnberg) – biinnbg@gmx.de

 

oder an:

Nora (Bamberg) – biinba@gmx.de

Liebe Bi-Grüße an alle Menschen, die Menschen lieben.

 

Wolli

Bamberg, 8. August 2014

 

 

3 Kommentare zu Visi-Bi-Lity beim CSD in Nürnberg

  1. Der Beitrag des Visi-Bi-Lity zum CSD in Nürnberg hat dieses Spektakels bezüglich der Situation ausgesprochen treffend, und damit gut beschrieben. Ich erinnere mich noch sehr gut daran, als ich mich selber vor „ein paar Jahren“ auf diversen CSDs „schwul + stolz“ mit erhobenen Hauptes outete.

    Dennoch, eine kritische Bemerkung möchte ich doch an den Mann bringen:
    Den Satz

    Zitat:
    „Falls es überhaupt Menschen mit Defiziten geben sollte, dann sind das wohl eher diejenigen, die sich in ihrer Monosexualität eingerichtet haben, weil sie Angst vor neuen Erfahrungen haben oder weil sie sich nicht vorstellen können, wie aufregend und prickelnd das Leben ist, wenn man Frauen und Männer gleichermaßen lieben kann.“

    hätte ich so nicht geschrieben, weil er

    Kommentar:
    für Monosexualisten abgrenzend und bewertend klingt. Damit „jubelt“ man Menschen, die rein monogam leben wollen und sonst nix, oder denen das Bedürfnis nach Bi-Sexualität einfach (noch) nicht ab geht, ein „Defizit“ unter, dass wir selber nicht haben wollten.

    Ich denke, da muss Mann/Frau genau hinschauen:
    Von dem Augenblick an, wo wir uns dazu entscheiden, uns nicht gesellschaftskonform zu verhalten, eine bestimmte Disposition, oder besser Orientierung einzunehmen und zu vertreten, müssen wir „gegen den Strom“ schwimmen. Das kann in den unterschiedlichsten Lebensbereichen, Lebensformen oder auch Berufs- bzw. Tätigkeitsbereichen und schlussendlich am eigenen Arbeitsplatz stattfinden. Dies ist demzufolge auch vielfach mit Ängsten und Unsicherheiten der eigenen Existenz, der sozialen Isolation oder sogar -Tod, in Verbindung mit Beklemmung in der Zukunft (Erfahrung) und dem damit verbundenen Risiko vorhanden.

    Bei sexuellen Orientierung der Nichtmonosexualität, Polysexualität, Bisexualität, oder Homosexualität handelt es sich nicht um Erotik und Sex innerhalb der Ehe, sondern um „außerehelichen“ Sex und damit um eine besonders immer noch sehr gesellschaftskritische und zum Teil äußerst diskriminierte Disposition.

    Und damit muss man noch genauer hinschauen:
    Hier spielt die gesellschaftliche Verknüpfung zwischen Kirche und Staat, besonders in Bayern eine tragende oder besser gesagt tragische Rolle. Das zieht sich bis in die formale Gesetzgebung hinein, wenn Mann sich z.B. das Recht oder besser das Unrecht von Vätern ohne Trauschein bezüglich des Sorgerechts gegenüber ihrer unehelichen Kinder anguckt.
    Bei Bi- oder Homosexualität handelt es sich ja nicht nur um gleichgeschlechtliche Sexualität unter Frauen, sondern besonders unter Männern. Für Kirchens ist seit Jahrtausenden klar, zum Sex gehört ein Schwanz! Das sieht Mann, wenn er sich den alten 175er anguckt, wo es da hieß, „wenn ein Mann über 18 Jahren mit einem anderen Mann unter 18 Jahren…“, der ja noch ein Überbleibsel des nationalsozialistischem Regimes war. Und die Frauen – haben sie wohl vergessen? Bei dem sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen geht es vielfach um Männer… Ich glaube allerdings nicht, dass es keine pädophilen Frauen gibt. Und guckt Mann/Frau sich die Pornos in Kinos, Clubs oder gewissen Etablissements an, findet man genügend davon, bei denen sich besonders Männer daran ergötzen, wenn sich zwei Frauen miteinander beschäftigen. „Trau dich, aber nicht kirchlich“ und wechsle mal das Programm…! Die Meuterei auf der Bounty warist Dreck dagegen.

    Aber nun endlich wieder zurück zu dem Zitat:
    Wenn man sich dieses vor dem Background des o.g., gesagten oder beschriebenen anguckt, ist das für mich jedenfalls kein Wunder, dass es Menschen gibt, die sich aus Angst vor Diskriminierungen, Ausgrenzung, Stigmatisierung, oder auch einfach vor dem sozialen Tod und damit vor neuen und/oder negativen Erfahrungen in ihrer Monosexualität eingerichtet haben. Von der Vorstellung, wie aufregend und prickelnd das Leben ist oder sein kann, wenn man Männer und Frauen gleichermaßen liebt, sind sie (noch) weit entfernt.

    And last not least, geht oder ging es uns Lesben, Schwulen oder Bisexuellen nicht ähnlich oder auch so?
    Ich bin da jedenfalls immer vorsichtig damit, ein Urteil über Menschen zu fällen, in deren selben oder gleichen Situation ich mich vielleicht befinden oder befunden habe.

    Liebe Grüße aus Erlangen von
    Tom!

    • Mit Monosexualität bezeichnet man die sexuelle Orientierung oder Neigung, sich zu Menschen eines Geschlechts sexuell hingezogen zu fühlen (Homosexualität oder Heterosexualität). Sie ist somit das Gegenteil von Pan- oder Bisexualität.

      Bisexuelle können monogam leben und zu sich stehen. Bisexualität heißt nicht automatisch Promiskuität, Polyamorität, offene Beziehung oder sonstige Varianten von Sex oder Beziehung mit mehreren Partner. Sich hingezogen fühlen ist nicht gleich Sex. Ich habe manchmal so ein bisschen das Gefühl das jene Bisexuelle die Variantenreicher ihre Beziehungen gestalten auf monogame Bisexuelle oder jene die vielleicht nicht stark promiskt verhalten abfällig denken. Bin auch schon über den Satz gestolpert und dachte mir… schreibst du was oder nicht.

      Das Spektrum von Bisexualität ist genauso groß wie das von Homo- oder Heterosexualität. Dort gibt es auch jede Form von Beziehungsmöglichkeit.

  2. Zitat:
    Natürlich gab es die eine oder andere Bemerkung, die nachdenklich stimmen könnte: „Ach, ihr seid also die Doppelstecker!“ „Was sind das denn für Farben, euch fehlt ja ein Teil des Regenbogens!“ Aber das war nicht ernsthaft oder provozierend gemeint und ich habe es mit Humor genommen. Für Schwule und Lesben sind wir oft genauso exotisch und befremdlich wie für Heteros.

    Kommentar:
    ich kenne die schwulenSzene in Nbg ein bisschen und sage euch die gehen auch unter sich so um, da fällt z.B. schon mal das Wort „Trümmertranse“ . Normalerweise eine Beleidigung wird aber auch mit Humor und nicht so ernst genommen.

    Ich verstehe es eher als Kompliment > man nimmt uns wahr <

    Liebe Grüße aus Nürnberg schickt Herbert

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