Buch: HomoBlocker
„Lassen Sie ihre Kinder zu besseren Menschen werden - Schöner, Schlauer und Gesellschaftsfähiger!“ Der Satz könnte ein Werbeslogan sein für den Neurotransmitter der in der Umgangssprache der Zukunft nur der HomoBlocker genannt wird und Namensgebend für Peter Rauschs Roman ist.
„HomoBlocker“ spielt in einer nahen Zukunft in der Menschen von ihrer Homosexualität „geheilt„ werden können durch ein Medikament, Anfangs nur präventiv Kinder während der Schwangerschaft der Mutter später auch Erwachsene. In dieser Welt gibt es eine Ort für jene die sich nicht Blocken wollen, das Hibaré.
Der Roman erzählt das Leben der Gemeinschaft rund um das Hibaré in einer angepassten Welt, wo Leistung, Schönheit und Normalität die höchsten Werte zu sein scheinen.
„HomoBlocker“ ist für mich kein leichter Roman, normalerweise „fresse“ ich Bücher. Beim lesen tat ich mich schwer. Der Roman spielt mit einer Vielzahl von Namen, auch für die gleichen Personen, eine Unmenge an Beschreibungen die immer wieder einfließen und aufzeigen sollen das es auch technologischen Fortschritt gibt und Anspielung auf zukünftige Entwicklungen in der ganzen Welt. Das alles macht die Verfolgbarkeit der Handlung schwer, ich musste mich zuweilen zwingen das Buch nicht in die Ecke zu legen. Trotz der beschriebenen Widrigkeiten lohnt es sich aber das Buch zu lesen und dran zu bleiben.
Was man merkt, dass der Autor sein Herzblut in den Roman fließen lies. Er spinnt konsequent eine Entwicklung weiter in der Wissenschaft und Gesellschaft, die immer Salonfähiger zu sein scheint – den perfekten Menschen, hier befreit von der Last der Homosexualität die in jeden Menschen schlummern mag. Ausgangspunkt sind die Untersuchungen von Günter Dörner, ein Wissenschaftler der den Ursprung der Homosexualität in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts in Blut sucht. Was heute wie ein schlechter Witz erscheinen mag, war damals normale Forschung. Die Idee Dörners spuckt seit dem in der Berliner Charité herum und hier beginnt die Fiktion. Irgendwann gelingt es einigen Forschern den Punkt im Hirn zu finden der die Sexualität eines Menschen festlegt. Dieser lässt sich über ein Medikament verändern, so das Heterosexualität einprogrammiert wird und zur Norm. Von da an nimmt alles sein Verlauf, der HomoBlocker ist geboren. Daraus entwickeln sich zwei Parallelwelten, jene die Geblockt sind und die der Ungeblockten. Ungeblockte haben mit vielen Vorurteilen zu kämpfen, ähnlich wie heute all jene Menschen die nicht so lieben und leben wie es die vermeintliche Mehrheit der Gesellschaft will. Der Druck wird größer und immer mehr Menschen lassen sich blocken. Bisexualität verschwindet wie Homosexualität aus der Gesellschaft. Hier spielt die Geschichte von Marie-Luise Rappler und Karl-Heinz Braun, genannt Charlie, die das Hibaré in Berlin gründeten. Ich zitiere von der Webseite des Hibaré, da bekommt jeder auch ein Bild vom Schreibstil.
Für die Gründung des Hibaré waren die Siebziger die perfekte Zeit. Alles funktionierte noch, jeder konnte alles haben und immer weniger brauchten es. Berlin hatte auch Jahrzehnte nach dem Dreißigjährigen Krieg viel Platz und wenig Einwohner und der HomoBlocker eroberte die Chefetagen.
Also eröffnete Charlie, ohne zu fragen, innerhalb eines Dreivierteljahres die heiklen Unterführungen und Überbauten nach hinten raus, selbstverständlich mit einer Extra-Performance und mit dem Durchschneiden eines Regenbogenbändchens. Zu der Zeit hatte das neue Hibaré bereits sein Publikum und allein in den neuen Ballsaal OBEN passten 600 Sitzplätze und UNTEN amüsierten sich bequem 200 Gäste unter den Sitzplätzen OBEN. Dazu 80 Sitzplätze auf der Balustrade und 50 im Foyer. Täglich Party und kostenloser Sex bei gutbürgerlicher Unterhaltung. »Berliner Persönlichkeiten verdrehen mitten im Gespräch die Augen, lehnen sich zurück und stöhnen unappetitlich auf«, so stand es nach der Eröffnung des neuen Ballsaals im Abendkurier.
Ab 76 gab es Zauberprogramme, Lichttonspiele, die familienfreundliche Spezialparty »Geselligkeit für AnfängerInnen«, Gretapeters Partnerberatung »Ornella und der Versorger«, wissenschaftliche Vorträge, Projektberatungen, Michas Filmabende und schließlich die große Samstagabendfamilienshow. Olaf Goldrohr übernahm damals die Öffentlichkeitsarbeit und warb mit »Nachbarschaftshilfe« und »Du bist nicht allein, wenn du träumst, heute Abend«.
Ab dem Sommer kam am Dienstagabend noch der Donnerstalk dazu und für besondere Anlässe die Hibaré-Dienstuniformen. Irgendwer hatte mal mit Olaf Goldrohr Klingonensex gemacht und Olaf war davon so entzückt, dass die alten Fernsehuniformen mit silbernen Pelzkrägelchen zu Weihnachten ins Hibaré mussten.
Im Buch finden sich immer wieder nette Ideen: Jugendliche die in Dreierbeziehungen Leben und Lieben. Seien es zwei Männer und eine Frau oder zwei Frauen und ein Mann und in der Öffentlichkeit auch als Trio auftauchen, knutschen, kuscheln und so provozieren – eine Form von Jugendkultur oder kinky Klingonensex…. wobei ich mich Frage, ob dies nicht ein Relikt der 70er und 80er ist… des letzten Jahrhunderts.
Generell gibt es viel Sex, es dreht sich ja auch viel darum, verzichtet aber darauf explizit zu beschreiben. Liebe und Beziehungen kommen auch nicht zu kurz, die Liebe ist das was den Sex veredelt – steht irgendwo in dem Buch.
Ob der Roman für jeden etwas ist müsst ihr selbst herausfinden, ich bin hin und her gerissen. Die Erzählweise spricht mich weniger an, die Ideen und die Handlung schon mehr. Als Film oder Serie könnte ich mir das Buch gut vorstellen und wäre dann ein toller Stoff! HomoBlocker wird vom Autor im Selbstverlag veröffentlicht.
Nächste Lesungen vom Autor sind :
13. Januar 2015 um 19:30 Uhr
Gesprächskreis Homosexualität –
Ev. Advent-Zachäus-Kirchengemeind
Danziger Straße 201/203 10407 Berlin
14. Januar 2015 um 17:00 Uhr
Club am Mühlenberg
Am Mühlenberg 12
10825 Berlin
Herzlichen Dank für die Rezension.
Die richtigen Daten für die nächsten Buchbesprechungen sind
13. Januar 2015 um 19:30 Uhr
Gesprächskreis Homosexualität –
Ev. Advent-Zachäus-Kirchengemeind
Danziger Straße 201/203 10407 Berlin
14. Januar 2015 um 17:00 Uhr
Club am Mühlenberg
Am Mühlenberg 12
10825 Berlin