Eine neue Mitbloggerin: Julia
Als Bisexuelle bin gerade ich vielleicht ein “schlechtes Beispiel” um manche der bekannten Vorurteile zu entkräften, zum Beispiel dass Bisexuelle sich angeblich nicht festlegen oder treu sein können. Ich kann und will mich nämlich tatsächlich nicht auf eine_n Partner_in festlegen, sondern bevorzuge offene Beziehungen. Treu bin ich gewissermaßen trotzdem. Aber ich sehe es nicht als meine Lebensaufgabe, Menschen davon zu überzeugen, dass ich ein legitimes Verlangen danach habe, mein eigenes Leben so zu gestalten wie ich das für angebracht halte. Wir sollten alle aufhören können, uns schlecht zu fühlen, weil wir irgendetwas nicht (genug) sind oder eben doch (zuviel) sind, oder vielleicht garnicht genau wissen was wir sind oder es gerade herausfinden oder uns (jetzt) nicht entscheiden möchten. Identitäten sind etwas Fließendes, sehr vielschichtig und komplex und ihre Definition meiner Ansicht nach meist überbewertet. Und wer legt denn eigentlich die Standards fest?
Ich habe bisher sehr wenig Erfahrungen mit Organisationen, Beratungsstellen, Aktivismus oder so etwas wie einer “Szene”. Ich bin im eher ländlichen Bayern aufgewachsen (und finde das trotzdem ganz gut so, verqueere Welt), wo es diese Möglichkeiten für mich einfach so nicht gab. Vielleicht gibt es sie jetzt, aber jetzt habe ich nicht mehr so sehr das Bedürfnis. Ich habe trotzdem einen langen und teilweise harten Prozess durchlaufen und es geschafft mich zu akzeptieren. Meine (gößtenteils “hetero”) Freunde haben dabei eine wichtige Rolle gespielt. Aber das Internet und Blogs wie dieser haben mir sehr dabei geholfen, das Gefühl zu entwickeln, nicht allein zu sein. Ich wünsche mir oft, ich könnte anderen in einer ähnlichen Situation ein paar dieser negativen Gefühle ersparen oder etwas einfacher machen. Aber vielleicht kann ich das ja, ein bisschen zumindest.
Viel gelesen und nachgedacht habe ich auch über die pan/bi Debatte und bin für mich noch zu keinem Entschluss gekommen. Ich mag zwar die Vorstellung nicht, dass es nur zwei Geschlechter geben soll, aber pan scheint mir zu unspezifisch, zu unpolitisch und nicht fassbar genug. Beide Begriffe haben Vorteile, beide Nachteile. Ich würde mich von keinem beleidigt fühlen.
Meine Weltsicht sieht in etwa so aus: Alle haben Probleme. Alle sind einem gewissen Druck ausgesetzt. Alle sind irgendwie unsicher. Aber die Konsequenzen sind nicht für alle gleich. Manche Menschen leiden stärker darunter, manche werden aufgrund einer bestimmten Eigenschaft diskriminiert, und manchmal treffen mehrere dieser Eigenschaften auf eine einzelne Person zu, die dann wiederum mehr Druck ausgesetzt ist (Stichwort Intersektionalität). Das soziale Umfeld der Menschen spielt noch eine wichtige Rolle, wie reagieren Freunde, Familie, Arbeitgeber und -kollegen, völlig fremde Menschen auf der Straße? Welche Probleme werden dadurch verursacht?
Und nur weil etwas häufig ist, ist es noch lange nicht normal. Oder natürlich. Oder richtig. Aber es übt über die Masse einen gewissen Druck aus und es ist nicht immer leicht oder möglich dem zu entgehen. Außerdem ist genau dieser Druck ein Grund warum viele Menschen eigentlich vollkommen unnötig viel zu viele schlechte Erfahrungen machen. Das ist Jammern auf hohem Niveau? Vielleicht. Aber wir als Gesellschaft sind einfach noch nicht “da”. Und dieses Bewusstsein sollte in den Köpfen der Leute geschaffen und erweitert werden.
Johns Neujahrswunsch hat mich hier her gebracht, jetzt blogge ich also hier mit. Mit welcher (Un)Regelmäßigkeit lässt sich noch nicht sagen, aber das werden wir sehen. Man muss sich ja nicht gleich festlegen. Erstmal: Hallo zusammen!
Danke! Ich freue mich dabei zu sein 🙂
Willkommen und viel Erfolg. Freue mich mehr zu lesen.